So schnell vergisst man. Schon nach zwei Wochen merke ich, wie die Sprache immer weiter zurückweicht. Die Leichtigkeit beim Reden ist vorbei, ich muss die Worte entgraben und ich höre. wie die amerikanischen Vokalen immer deutlicher im meinem Mund werden. Das, obwohl meine Rede immer noch manchmal vom deutschen Syntax leicht geprägt ist.
So schnell geht es.
Anfangs wohl noch auffälliger als sonst, als ob das Gehirn wegen der Zeit, in der die Muttersprache vertrieben wurde, kompensieren will: jetzt wird Deutsch abgeriegelt.
Der Widerstand, wenn ich versuche, Deutsch zu reden.
Wie damals, vor fast neun Jahren, damals, als ich von Deutschland zurückkam und beinahe zusammenbrach.
Auch damals das Gefühl, alles sei mir bekannt aber ich wäre nicht da. Wie ein Fiebertraum.
Das Gefühl, ich kann auf gar nichts konzentrieren. Dissociation.
Das Gehirn wehrt sich. Ein Schutzreaktion. Wegen des Schmerzes. Weil es sonst viel zu viel weh tun würde. (Kann man Heimweh sagen, wenn es nicht Zuhause ist, nach dem man sich sehnt?)
Es ist, als ob ich meine Erlebnisse in Deutschland hier nicht mitteilen kann.
Gestern war ich bei einem Treffen der internationalen Studenten wo auch einige Deutschen dabei waren. Was sagt man eigentlich? Es ist ja nicht selbstverständlich, dass ich Deutsch kann, dass ich mich überhaupt für Deutschland interessiere.
Irgendwie bin ich schüchtern geworden, ich will mich ja nicht auf sie drängen, nur weil sie aus Deutschland kommen. Als ob wir deswegen zwangsläufig etwas gemeinsam hätten. Und ich will nicht tun, als ob ich ein Paar Semester Deutsch gelernt habe und es kaum erwarten kann, mit einem „real live German“ meine 5 oder 6 Floskeln auszuprobieren. Ich habe ähnliches zu oft erlebt. Es war mir immer höchst peinlich.
Wie sage ich, ich bin Germanistin, ich kenne mich in Deutschland gut aus, ich bin gerade von Deutschland zurückgekommen. Wenn ich selbst das Gefühl habe, kein Teil mehr an Deutschland zu haben?
Ich war so lange Ausländerin. Jetzt sind die Rollen getauscht; ich bin die Einheimische. Und darauf war ich irgendwie nicht vorbereitet. Dort drüben bedeutet es etwas anderes, Amerikanerin zu sein, als wenn ich hier bin. In Deutschland war alles irgendwie einfacher.
Ich könnte alles mit ein paar Sätze auf Deutsch erklären. Aber man weiß nie, ob es erwünscht ist. Wie es interpretiert wird.
Wahrscheinlich würden die Deutschen sich freuen, so unerwartet eine Amerikanerin zu treffen, die ziemlich gut Deutsch kann und ihre Kultur liebt. Aber es kann auch als eine Beleidigung empfunden werden, als Kritik an ihre Englischkenntnisse. Vor allem wenn sie hier gekommen sind, um ihr Englisch zu verbessern.
Ich habe es zu oft in Deutschland erlebt, das jemand hartnäckig mit mir Englisch redete, obwohl ich Deutsch konnte und wollte. Und dass es mir immer verletzte, als ob man mir nicht zutraute, Deutsch zu können, auch wenn ich wusste, so war es nicht gemeint.
Das will ich niemandem anderen antun.
Mir fällt es sowieso immer schwer, die Sprache plötzlich zu wechseln, wenn ich mein Gesprächspartner nicht schon sehr gut kenne. Ich habe immer das Gefühl, ich darf nicht, sowas tut man nicht, es ist unhöflich, anmaßend.
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