Sonntag, 3. Januar 2010

Jahresrückblick

Zum neuen Jahr werde ich immer nachdenklich. Zeit, Bilanz zu ziehen: was ich geschafft habe, was mir nicht gelungen ist, was in nächster Zeit vor mir steht.

Nach drei Monaten in Deutschland bin mit meiner Sprachkenntnissen immer noch nicht zufrieden. Im Sprechen mache ich ständig Fehler. Meistens ist es der falsche Artikel, aber immer häufiger kommen Fehler vor, die ich schon lange nicht mehr gemacht hatte. Sachen wie Konjugation und Verbstellung. Insbesondere habe ich plötzlich Probleme mit Umlauten - entweder lasse ich sie aus, wo sie gehören ('er fahrt' statt 'er fährt') oder ich schiebe sie ein, wo es keinen gibt, z.B. in manchen abgeleiteten Formen. Schriftlich geht es beträchtlich besser. Trotzdem: es stört mich. Ich weiss nicht, was ich dagegen tun kann. Zwischen Gehirn und Mund scheint es keine Verbindung zu geben. Es ist möglich, dass es nur eine Phase ist, die irgendwann vorbei sein wird. Im Spracherwerb von Kindern ist es nicht untypisch, dass ein solches Stadium vorkommt, es hat etwas mit der Verinnerlichung von Regeln zu tun. Ich weiss nicht, ob es bei Erwachsenen ähnlich läuft.

Langsam habe ich es satt, dass Leute mir sagen, wie gut mein Deutsch ist. Vor allem wenn es gerade ein Tag ist, wo ich häufig Fehler mache, und ich weiss, dass ich in der letzten halben Stunde wahrscheinlich keinen einzigen grammatisch richtigen Satz gesagt habe. Ich verstehe, wie es gemeint ist, und ich weiss auch meine Deutschkenntnisse zu schätzen: objektiv betrachtet, ist mein Niveau, im Vergleich mit den meisten Nichtmuttersprachlern, ziemlich hoch. Aber...daran liegt es eigentlich: das Niveau. Irgendwann verlängt man einen anderen Maßstab. Irgendwann wird die Frage der Sprachkenntnisse irrelevant, da selbstverständlich. Ich lerne ja Deutsch schon seit mehr als 10 Jahre. Es macht mir längst überhaupt keine Mühe mehr, auf Deutsch zu plappern. Es mag anmaßend klingend, wenn ich sage, ich will einfach als Sprecher beurteilt werden, nicht als Lernende. (Ich sage nicht, 'wie ein Muttersprachler'; ich glaube, das kann und muss ich nicht. Aber dass die Sprache kein Thema mehr wird, sollte möglich sein.) Dass man mir immer noch sagt, wie gut ich Deutsch kann, bedeutet also für mich genau das Gegenteil: mein Deutsch ist noch nicht gut genug, man benutzt immer noch den falschen Maßstab.

Und was hab ich sonst geschafft? Ein Paar neue Wörter gelernt, ein Paar Bücher gelesen, Sorgen um die Zukunft gemacht. Viel Tee und insgesamt zwei Biere getrunken. So betrachtet, ein ziemlich erbärmliches Ertrag. Ein Paar Freundschaften angeknüpft, obwohl ich - trotz guter Absichten - fast nichts auf eigene Faust dafür unternommen habe. Und doch ist es genug für einen Anfang.

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