Mittwoch, 12. August 2009

Anglizismen im Deutschen

Ich will keinen neuen Angriff auf die Anhäufung von Anglizismen im Deutschen anfangen (die gibt es schon reichlich genug). Aber ich glaube, es lohnt sich mal die ganze Sache aus amerikanischer Sicht ein bisschen zu erklären, da die meisten Beiträge zum Thema entweder von Nörglern, die sich über den Verfall der deutschen Sprache alarmieren, oder von Linguisten, die die Sprachinnovationen gegen oben genannte Nörgler verteidigen will, stammen. Normalerweise bin ich eher die Deskriptivistin, aber Reaktionen zum Sprachgebrauch hat man trotzdem.

Ausdrücke wie 'public viewing' oder 'service point' kommen mir, als Muttersprachler des (amerikanischen) Englischen, einfach komisch vor. Sogar bei dem berühmten 'body bag' geht es nicht hauptsächlich darum, dass der Begriff nicht verständlich ist (im Zusammenhang ist es ja klar, was gemeint wird), oder darum, dass ich etwas ganz anderes damit assoziere (obwohl das auch stimmt), sondern dass es gegen mein Sprachgefühl stößt: ich hätte es auf Englisch nie derart ausgedrückt.

Zum Beispiel: Anstatt 'service point' würde ich wahrscheinlich 'information desk' oder vielleicht 'service desk' benutzen; anstatt 'public viewing' (falls es dazu käme, dass wir einen knappen Begriff dafür bräuchten), wäre mir 'public screening', 'open air television' oder so was in der Richtung lieber. Auf jeden Fall ist die Betonung anders: der englische Begriff deutet auf das Angebot, das deutsche auf die Aktivität. Tja, und für 'body bag' gäbe es wahrscheinlich 'sling pack'. 'Grillparty' brauchen wir nicht im Englischen, da 'barbecue' die gleiche Bedeutung hat. Aber 'Handy'** finde ich eigentlich wegen der anderen englischen Bedeutung reht süss: eine Art bilinguales Sprachwitz oder so.

Natürlich ist es beim Aneignen von Fremdwörtern normal, sie anders anzuwenden als in der jeweiligen Fremdsprache. Auch ist es nicht ungewöhnlich, eigene Wortschöpfungen aus Wortteile dieser Sprache zu erfinden. Man denke z.B. an die vielen lateinischen Wortstämme, die für die Sprache der Naturwissenschaften gedient haben. Aber zu sehen, wie die eigene Muttersprache dafür benutzt wird, ist etwas unheimlich.

Allerdings stimmt es auch, dass ich diesen 'Trend', immer mehr englische Wörter zu benutzen, etwas bedenklich finde. Erstens, da ich Deutsch gern habe, weil sie eine Fremdsprache ist, d.h., weil sie nicht Englisch ist. Deshalb finde ich es traurig, wenn die schöne deutsche Wörter durch lauter englischen Begriffe ersetzt werden. Das mag etwas widerspruchlich sein, da Englisch dafür bekannt ist, dass man sehr häufig Wörter aus aller Welt aneignet, was die Sprache deutlich bereichert hat. Ich bin aber nicht so sicher, dass es im Deutschen und in vielen anderen Sprachen ebenfalls eine Bereicherung ist, wenn man plötzlich viele englische Wörter gebraucht. Es hängt nämlich mit der Verbreitung von amerikanischer kapitalistischer Kultur zusammen, und darauf könnte ich eigentlich entbehren.

Noch eine Bemerkung: Einige haben wohl bemerkt, dass ich englische Wörter (was meist eigentlich heisst: Wörter lateinischer Herkunft) im eigenen Sprachgebrauch vermeide, wenn es ein entsprechendes deutsches Wort dafür gibt. Es geht teilweise darum, dass die Worte mir einfach besser gefallen. Aber einen anderen Grund gibt es auch. Ich bin nämlich oft nicht sicher, ob ich ein Wort gebrauche, weil es auf Deutsch üblich ist, oder weil ich es unbewusst aus dem Englischen übertrage. Mein Verhältnis zur Anglizismen ist also aus vielen Gründe etwas zwiespältig: sie beunruhigen mich sowohl aufgrund meiner Kenntnis des Englischen, sowie auch meines (sagen wir) 'Nichtmuttersprachlertums' des Deutschen.

**Es fiel mir übrigens erst neuerdings ein, dass ich 'Handy' lange falsch ausgesprochen habe. Nach deutscher Rechtschreibung sollte das 'a' als /a/ (wie im 'alt,' 'lang') ausgesprochen werden, nicht als /ɛ/ wie im englischen Wort. Diese Vokale wird auf Deutsch meist mit 'ä' representiert. Man schriebe das Wort etwa so: Händi. (Schön, oder?)

2 Kommentare:

Mattitiahu hat gesagt…

Ich spüre deinen Schmerz.

Ich spreche Deutsch (aber ich 'lese' mehrso als ich keine deutschsprechenden Freunde hier mit wem zu sprechen habe) auch als Fremdsprache und ich habe änliche Probleme mit Anglizismene im Deutschen wenn ich Deutsch sprechen.

Ich kam nach den Niederlande letzte Woche zurück, und ich war vergnügt daran, daß da meine Deutsche Freunde Wörter wie 'gedownloaded' gesprochen haben. Ich kenne meist 'herunterladen' usw.

Anyway, at this point it's probably becoming clear that my ability to generate German is poor, so I'll switch to English here (for my own shame) and just leave off that I totally agree on the level of English borrowing in German and occasional non-alignment of semantics makes lexical choices difficult, and your sentiment:

"ich Deutsch gern habe, weil sie eine Fremdsprache ist, d.h., weil sie nicht Englisch ist."

Alas... I really am ashamed of my native language even if it has become an international linguistic superstrate by no fault of my own. It's a feeling that I find rather awkward to express.

Brenda hat gesagt…

"I really am ashamed of my native language even if it has become an international linguistic superstrate by no fault of my own."
Well put. I think English being a world language is part of what makes it awkward. It's not just seeing your native language made strange in other people's mouths, but meeting with other people who are enthusiastic about it when you're not, and having to be a representative of that world for them. It's a weird situation.

I need to spend more time reading good English-language literature, instead of just stuff in German and Greek. It might help me rediscover the beauties of my own language.

The computer-related vocabulary doesn't irritate me quite so much, as it does make a certain amount of sense to adopt the technical terminology. 'Downloaden' seems to be rather interesting, actually. I have a friend who tells me that where he lived in Germany, the students would form the past tense as 'downgeloadet' -- that is, treating it like a separable prefix verb. I'd love to get some empirical data on this, because it is not typical behavior for a loan word. Most verbs that are adopted are treated as a unit, like inseparable verbs, and don't take the ge- prefix at all when forming the past participle. 'Downgeloadet' suggests the elements have been nauralized, although not, I suspect, so far naturalized that they can be readily combined with German word elements. From the little I know of such things, this looks more like a contact language phenomenon (code-switching or some such).

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