Ich denke ernsthaft daran, für eine Promotionsstelle zu bewerben. Die Gründe, warum ich mich dagegen entschieden habe, sind nach wie vor gültig. Trotzdem: I feel like a cop-out. Als ob ich einfach zu feig war. Die Angst, dass ich nach der Promotion scheitere, ist groß. Und dann wäre ich noch weniger als jetzt in der Lage, Arbeit zu finden. Deshalb der Wunsch zu beweisen, dass ich etwas anderes tun kann.
Aber ich habe mich auch mit diesem Beruf identifiziert. Mich als Akademiker verstanden. Ich wäre gern Professor geworden. Den Traum aufzugeben -- und nicht weil ich etwas anderes gefunden habe, das mir lieber ist, sondern einfach weil ich mich nicht traue, es zu schaffen -- bedeutet, sich zu sagen: ich bin nicht gut genug, ich bin der Herausforderung nicht gewachsen.
Ich merke schon, dass ich aufs Lernen nicht konzentrieren kann: Wozu, wenn das einzige, was ich wirklich gut tun kann, nicht mehr nötig ist?
Ich habe das Gefühl: nur an der Uni gibt es Arbeit, die allein ich leisten kann. Die Frage, ob die Welt wirklich noch einen Germanisten nötig hat, ist berechtigt. Wer die Welt verändern will, soll einen anderen Beruf finden. Aber es geht hier eher um etwas anderes. Ich habe hier etwas zu sagen, was sonst niemand sagen wird.
Und jetzt, als es unmöglich aussieht, diesen Beruf auszuüben und das eigene Leben zu gestalten wie ich will, fällt es mir schwer, sich von diesem Traum zu verabschieden.
Die Abschlussfeier rückt heran, und ich denke an die Professoren, die an mich geglaubt haben. Die mich unterstützt haben. Ich hätte es so gern, dass sie über mich sagen könnten, ich werde nun als Doktorandin an einer guten Uni studieren. Ich bin sonst nicht ehrgeizig, aber ich will, dass sie stolz auf mich sein können. Weil ich gute Aussichten vor mir habe. Stattdessen habe ich das Gefühl, ich enttäusche sie und mich. Als ob ich versagt habe.
Da ich ja sagen muss: ich weiss nicht, wie es weiter geht.
Sonntag, 24. Oktober 2010
Samstag, 16. Oktober 2010
Odysseus poems (3)
Sea Grapes (Derek Walcott)
That sail which leans on light,
tired of islands,
a schooner beating up the Caribbean
for home, could be Odysseus,
home-bound on the Aegean;
that father and husband's
longing, under gnarled sour grapes, is like
the adulterer hearing Nausicaa's name in
every gull's outcry.
This brings nobody peace. The ancient war
between obsession and responsibility will
never finish and has been the same
for the sea-wanderer or the one on shore now
wriggling on his sandals to walk home, since
Troy sighed its last flame,
and the blind giant's boulder heaved the trough from
whose groundswell the great hexameters come to the
conclusions of exhausted surf.
The classics can console. But not enough.
Bittere Trauben des Meeres (my translation)
Jenes Segel, ans Licht gelehnt
den Inseln müde
ein Schoner, der der Karibik entlang schlägt
heimwärts – es könnte Odysseus sein
auf dem Heimweg im Ägäischen Meer.
Jene Sehnsucht des Vaters und des Gatten
unter bittren Trauben ist wie
der Ehebrecher, der den Namen 'Nausikaa'
in den Schreien der Möwen hört.
Niemand findet dabei Frieden. Der alte Krieg
zwischen Besessenheit und Verantwortung
wird nie enden und ist stets das gleiche
ob man aufm Meer wandert oder, wie jetzt, am Strand
die Sandalen umwinden um heimwärts zu laufen, da
Troia die letzte Flammen ausgespückt hat
und der blinde Riesen seinen Felsblock warf; die Grube
aus deren Dünung die herrlichen Hexameter entstehen
und die Schlüsse ermüdeter Brandung ziehen.
Die Klassiker mögen trösten. Aber es reicht nicht aus.
Je mehr ich von Walcott lese, desto begeisterter bin ich. Besonders mag ich die Verbindung von klassischen Motiven mit der Welt der karibischer Heimat des Autors. Odysseus kommt häufig in seiner Gedichten vor -- sein Versroman "Omeros" ist wohl am bekanntesten. Auffällig dabei ist seine Haltung zu dieser Figur. Sein Odysseus ist kein Exilant, wie so häufig in zeitgenössischer europäischer Literatur vorkommt, sondern ist vom Berufswegen unterwegs am Meer, wie von einer Inselbevölkerung zu erwarten ist. Seine Reise ist zwischen Schuld und Pflicht, Abenteuerlust und Sehnsucht gespalten.
That sail which leans on light,
tired of islands,
a schooner beating up the Caribbean
for home, could be Odysseus,
home-bound on the Aegean;
that father and husband's
longing, under gnarled sour grapes, is like
the adulterer hearing Nausicaa's name in
every gull's outcry.
This brings nobody peace. The ancient war
between obsession and responsibility will
never finish and has been the same
for the sea-wanderer or the one on shore now
wriggling on his sandals to walk home, since
Troy sighed its last flame,
and the blind giant's boulder heaved the trough from
whose groundswell the great hexameters come to the
conclusions of exhausted surf.
The classics can console. But not enough.
Bittere Trauben des Meeres (my translation)
Jenes Segel, ans Licht gelehnt
den Inseln müde
ein Schoner, der der Karibik entlang schlägt
heimwärts – es könnte Odysseus sein
auf dem Heimweg im Ägäischen Meer.
Jene Sehnsucht des Vaters und des Gatten
unter bittren Trauben ist wie
der Ehebrecher, der den Namen 'Nausikaa'
in den Schreien der Möwen hört.
Niemand findet dabei Frieden. Der alte Krieg
zwischen Besessenheit und Verantwortung
wird nie enden und ist stets das gleiche
ob man aufm Meer wandert oder, wie jetzt, am Strand
die Sandalen umwinden um heimwärts zu laufen, da
Troia die letzte Flammen ausgespückt hat
und der blinde Riesen seinen Felsblock warf; die Grube
aus deren Dünung die herrlichen Hexameter entstehen
und die Schlüsse ermüdeter Brandung ziehen.
Die Klassiker mögen trösten. Aber es reicht nicht aus.
Je mehr ich von Walcott lese, desto begeisterter bin ich. Besonders mag ich die Verbindung von klassischen Motiven mit der Welt der karibischer Heimat des Autors. Odysseus kommt häufig in seiner Gedichten vor -- sein Versroman "Omeros" ist wohl am bekanntesten. Auffällig dabei ist seine Haltung zu dieser Figur. Sein Odysseus ist kein Exilant, wie so häufig in zeitgenössischer europäischer Literatur vorkommt, sondern ist vom Berufswegen unterwegs am Meer, wie von einer Inselbevölkerung zu erwarten ist. Seine Reise ist zwischen Schuld und Pflicht, Abenteuerlust und Sehnsucht gespalten.
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